Versteckte Auswirkungen auf den Mittelstand – Kommentar

Zu viele Betriebe wiegen sich in Sicherheit!

Johanna V. Tybussek LL.M.
20.7.2022
Lieferketten

Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mehr als 3.000 Mitarbeiter:innen werden ab dem 01.01.2023 das Lieferkettengesez in ihrer Geschäftspraxis umsetzen müssen; ein Jahr später sinkt der Grenzwert auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen ab. Diese Grenzwerte sind mittlerweile vielen bekannt und die möglichen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft breit diskutiert worden. Darüber hinaus stellte die Europäische Kommission im Februar 2022 ihren Vorschlag für eine entsprechende europäische Richtlinie vor. Dieser Vorschlag enthielt bereits eine Absenkung der Mitarbeiter:innenzahl auf Unternehmen mit mehr als 500 bzw. 250 Mitarbeiter:innen. Ebenfalls ist in diesem Vorschlag vermerkt, dass kleine und mittelständische Unternehmen nicht direkt in den Anwendungsbereich des Vorschlags fallen. Dem Wortlaut des Gesetzes nach, stimmt es. Diese Bewertung lässt aber vollkommen die mittelbaren Folgen der Regelungen für kleine und mittelständische Unternehmen außer Acht.

Ich möchte Ihnen in dieserm Kommentar aufzeigen, an welchen Stellen gerade kleine und mittelständische Unternehmen bereits mit den Auswirkungen des deutschen Lieferkettengesetzes in Berührung kommen können:

  • Ihr Geschäftspartner ist ein großes Unternehmen, dass sich ab 2023 oder 2024 das Lieferkettengesetz umsetzen muss. An dieser Stelle greift das Gesetz wie Kettenglieder ineinander: Sie sind der unmittelbare Zulieferer des großen Unternehmens.

Sie können sich zwar dem Unternehmen gegenüber darauf berufen, dass Sie ja gerade nicht von dem Lieferkettengesetz betroffen sind und deswegen auch keine genauen Angaben zu ihrer Lieferkette machen können. Dies wird ihrem Geschäftspartner, der über seine Lieferkette berichten muss, nicht weiterhelfen. Eine solche Erklärung bringt das große Unternehmen vielmehr in Erklärungsnot. Es ist fraglich, ob es weiterhin an den Geschäftsbeziehungen festhalten kann.

  • Die Europäische Union die Banken zu den Finanzierern der Wirtschaftstransformation gemacht. Das bedeutet für diese, dass sie Investitions- und Kapitalströme in nachhaltige Investitionen umgelenken müssen. Für die Bewertung als "nachhaltige Investition" hat die Europäische Union den Banken verschiedene Instrumente (bspw. ESG-Standards) an die Hand gegeben. In der Konsequenz bedeutet dies für Sie und Ihr Unternehmen, dass Sie Ihrer Bank darlegen müssen, wie nachhaltig ihr Unternehmen agiert. Hierfür benötigen Sie Kenntnis (und einen Bericht) über die Nachhaltigkeit Ihres Unternehmens. Ein Teil davon ist eine transparente Lieferkette.
  • In Zeiten des Klimawandels müssen Versicherungen immer häufiger Unternehmen gegen Umweltschäden versichern. Ein Unternehmen, das selber kein Kenntnis über den eigenen Fußabdruck auf der Erde hat, wird in der Risikobewertung der Versicherung schlechter abschneiden und Versicherungsprämie entsprechend höher ausfallen.

“Nur, weil das Gesetz nicht unmittelbar auf Ihr Unternehmen anwendbar ist, bedeutet das nicht, dass Sie nicht die Auswirkungen spüren werden.”

CSR-Managerin | Menschenrechtlerin | Juristin | Weltbürgerin

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